Zwei Jahre nach der gewaltsamen Vertreibung von 700.000 Rohingya aus Burma hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) mehr konkrete Hilfen für die Flüchtlinge gefordert. Die internationale Staatengemeinschaft müsse den geflohenen Rohingya eine Lebensperspektive aufzeigen und mehr für Bildung und Gesundheit der Vertriebenen tun. „In den Lagern in Bangladesch macht sich Hoffnungslosigkeit breit, denn eine Rückkehr in ihre Heimat Burma ist nicht absehbar. Wer der Verelendung der Rohingya-Flüchtlinge weiter tatenlos zuschaut, gefährdet die Stabilität in Südasien. Die internationale Gemeinschaft hat eine Schutzverantwortung für die geflohene muslimische Minderheit, der sie endlich nachkommen muss“, erklärte der GfbV-Direktor Ulrich Delius am Sonntag in Göttingen. Die Menschenrechtsorganisation reagierte auf Drohungen des Außenministers von Bangladesch Abdul Momen, die Politik seines Landes gegenüber den Flüchtlingen zu verschärfen.
Vor allem Frauen, Kinder und Jugendliche leben in den Camps, die hastig nach ihrer Vertreibung in einer verarmten Region Bangladeschs nahe der Grenze zu Burma errichtet wurden. „Ein ganzes Volk und seine Zukunft geht in den Lagern zugrunde, weil es keine Lebensperspektiven für die heranwachsenden Jugendlichen gibt“, warnte Delius. Menschenhandel, Prostitution und andere Formen der Kriminalität breiteten sich in den Lagern aus, die großen Städten glichen. Da Burma nicht bereit sei, Rohingya als gleichberechtigte Staatsbürger anzuerkennen und die Menschenrechtsverletzungen an den 200.000 in Burma verbliebenen Angehörigen der muslimischen Minderheit anhielten, gebe es keine Perspektive für eine schnelle Rückkehr. Auch drohe in den Camps eine Radikalisierung der Rohingya. „Die Rohingya dürfen nicht zu den Palästinensern Südasiens werden“, warnte die GfbV. Wenn auch nur eine kleine Minderheit unter den Vertriebenen zu den Waffen greife, drohe eine Destabilisierung der Region.
In Bangladesch leben mehr als eine Million Rohingya-Flüchtlinge. Schon vor dem Beginn des Massenexodus im August 2017 hatten mehr als 300.000 Angehörige der Minderheit in Bangladesch Schutz vor schweren Menschenrechtsverletzungen in ihrer Heimat gesucht. In Burma hatten sie unter Apartheid-ähnlichen Bedingungen leben müssen. So durften sie sich nicht frei bewegen, wurden als Zwangsarbeiter genutzt und systematisch entrechtet. Burmas Armee vertrieb die Rohingya gewaltsam aus dem Land, nachdem im August 2017 Anschläge auf Polizei- und Grenzstationen verübt wurden. Die Vertreibung war systematisch geplant und wird von den Vereinten Nationen als Völkermord angesehen. Die Vereinten Nationen bezeichnen die Rohingya als die meisten verfolgte Minderheit weltweit.